Tagungsbericht: XXVI ESRS Kongress

Places of Possibility? Rural Societies in a Neoliberal World“ in Aberdeen, Scottland, 14-18 August 2015

Ein Beitrag von Theresia Oedl-Wieser, Agnes Strauss, Ingrid Machold

 

Der XXVI Kongress der European Society of Rural Sociology (ESRS) befasste sich mit der Frage, wie Menschen in den ländlichen Regionen Europas in Zeiten des schnellen und transformativen Wandels bestehen und Wege finden, sich weiter zu entwickeln. Die Faktoren wie Globalisierung, Migration, der technologische Wandel sowie die stark steigende Nachfrage nach Energie, Nahrungsmitteln und Rohstoffen erweisen sich im Zuge des fortschreitenden Kapitalismus und der neo-liberale Politiken als sehr belastend und als große Herausforderung für ländliche Regionen. Zusätzlich haben die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und die damit verbundenen Sparmaßnahmen die ländliche Bevölkerung Europas hart getroffen. Ziel des Kongresses war es, aufzuzeigen, dass es von Seiten der ländlichen Bevölkerung viel widerständiges Potenzial gibt und vielfältige Handlungsoptionen entwickelt und wahrgenommen werden, um sich diesen neo-liberalen Bedingungen zu stellen.

Folgende Plenarreden wurden gehalten:

Bettina Bock: Social innovation – a solution for marginalising rural areas?

Costis Hadjimichalis: Neoliberalism and the omission of socio-spatial justice in regional development theories and policies

Terry Marsden: Natural Powers: Exploring the rural eco-economy ‚beyond neo-liberalism‘

Nigel Swain: Eastern European Rurality in a Neoliberal World

Sociologia Ruralis Lecture:

Harriet Friedmann: Precipice and Possibility: A Food Regime Approach to Emergent Futures of Growing and Eating

Die Teilnahme österreichischer WissenschaftlerInnen am XXVI ESRS Kongress war sehr rege (Universität Innsbruck, Universität für Bodenkultur Wien, Universität Graz, Bundesanstalt für Bergbauernfragen). Es wurde eine große Zahl an Papers und Poster präsentiert und viele österreichische TeilnehmerInnen leiteten und moderierten auch Arbeitsgruppen in den unterschiedlichsten Fachbereichen. Agnes Strauss und Rike Stotten nahmen darüber hinaus am Pre-Kongress teil.

Papers und Poster österreichischer TeilnehmerInnen:

Christoph Furtschegger, Markus Schermer: Communicating trust? The role of social media and web-based applications for establishing producer-consumer relationships

Rebecka Milestad, Chris Kjeldsen, Markus Schermer, Christoph Furtschegger u.a. : Ecological embeddedness of box schemes – a cross-national study

Markus Schermer, Christoph Furtschegger u.a.: Organic farming as a factors for territorial development: a comparative perspective

Eva-Maria Griesbacher: Female farm management and male/part-time farming: a sign of changing gender roles in agriculture or of the crisis of small-sized family farms?

Ingrid Machold, Thomas Dax, Theresia Oedl-Wieser: “Welcoming communities” as incentive for rural development. Recognising the potential of immigrants in two remote regions of Austria

Theresia Oedl-Wieser, Thomas Dax, Ingrid Machold: Social diversity in Austria’s LEADER strategies: prerequisite for and trigger of social innovation

Rike Stotten:

(1) Landscape as a common good: the agrarian view

(2) The unseen rural space: a new migration hot spot into European Union

(3) The visual approach of reflexive photography to investigate perspectives of landscape by farmers in Central Switzerland

Agnes Strauss, Ika Darnhofer:  Enabling diversity: the ‘Organic Hay Region’Andrew Copus, Thomas Dax: Rural cohesion policy: the appropriate response to current rural trends

Sigrid Kroismayr: Small school closure between declining number of pupils and economization of the education system – evidence from Austria

Agnes Strauss schildert ihre Eindrücke vom Pre-Kongress:

Digitale Technologien und visuelle Forschungsmethoden finden immer stärker Eingang in die Sozialwissenschaften und liefern neue Möglichkeiten der Erkundung von, der Interaktion mit und der Darstellung der sozialen Welt und ihrer Zusammenhänge. Welche Techniken und Innovationen hierbei in der Forschung aktuell eingesetzt werden, zeigte der Pre-Kongress Workshop mit dem Titel „Innovative Digital Technologies and Visual Methods for Social Research“. Organisiert und durchgeführt wurde der Pre-Kongress von MitarbeiterInnen der Social, Economic and Geographical Sciences Group des James Hutton Institutes.  

Die TeilnehmerInnen des Workshops erhielten einen Einblick in aktuelle Forschungsarbeiten durch Kurzpräsentationen und Poster, in denen Techniken wie der Einsatz von Drohnen, Mini-Kameras, Videos, Touchscreens und Fototechniken vorgestellt wurden. Diese Technologien wurden auch ausgestellt und in Kleingruppen konnte ihr Einsatz ausprobiert und mit den ForscherInnen über die Möglichkeiten, Herausforderungen und Grenzen der jeweiligen Forschungsmethoden und  digitalen Techniken gesprochen werden.

Ein Beispiel für den Einsatz digitaler Technologien waren Mini-Kameras (auch Point Of View - Kameras genannt) und ihr Einsatz in der ‘Mobilen Video Ethnographie‘ (MVE). Verwendet in Studien zur Mensch-Tier-Interaktion oder zur Erforschung der Mensch-Umwelt-Beziehung werden die Mini-Kameras am Menschen oder auch am Tier angebracht und nicht das Tier bzw. der Mensch wird zum Objekt der Untersuchung, sondern ihre Begegnung und Interaktion.

Auch ein österreichischer Beitrag bereicherte den Pre-Kongress. Rike Stotten von der Universität Innsbruck gab einen Einblick in ihre Forschungsarbeit und der Methode der ‘reflexiven Fotografie‘. Dabei nutzen Landwirte Einwegkameras um abzubilden was (Kultur)Landschaft für sie bedeutet. Mit Hilfe der Fotografien und darauf aufbauenden Interviews und Gruppendiskussionen wurde der Frage nachgegangen, wie Kulturlandschaft von den LandwirtInnen konstruiert wird und ob sich diese Konstruktionen regional unterscheiden.

Neben der Vorstellung von Forschungsarbeiten und dem eigenen Experimentieren wurden zudem rechtliche und ethische Bedenken im Einsatz digitaler Technologien vor allem in partizipativen Forschungsansätzen diskutiert. Digitale Techniken und Medien, angewendet von unterschiedlichen Personengruppen (z.B. Kindern in Armut, ethnische Randgruppen), können ein wichtiges Ausdrucksmittel sein, das hilft vorherrschende Bilder über spezielle Gruppen zu hinterfragen. Ein Sprachrohr, ein Medium zur Ermächtigung.  Damit einher geht auch eine neue Definierung der Rollen „der Forscherin/des Forschers“ und der „zu erforschenden Personen oder Gruppen“. Der Pre-Kongress bot die Möglichkeit sich kritisch über diese aktuellen Entwicklungen und die damit verbundenen Herausforderungen auszutauschen.

Das Abstract-Book sowie der Proceedings-Band stehen bereit zum Download unter: http://www.esrs2015.eu/news/online-proceedings-and-book-abstracts-now-available

 

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