Österreich hat die zweitteuersten Lebensmittel in der EU. Warum eigentlich?

Franz Sinabell

In Österreich und Dänemark sind Nahrungsmittel innerhalb der EU am teuersten. In allen Nachbarländern außer der Schweiz und Liechtenstein kann man sich billiger mit Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken eindecken. Kauft man in Deutschland ein, spart man 12%, in der Slowakei fast 30% und in Ungarn gar annähernd 40%. Es ist daher kein Wunder, dass viele Österreicherinnen und Österreicher sich im Ausland mit Lebensmitteln und Getränken eindecken.

Die Schuld für diese Situation der EU zuzuschieben geht nicht, da die Preise in Norwegen, der Schweiz und Island noch weit höher sind. Die Ursachen sind also hausgemacht und nicht auf einen Faktor zurückzuführen. Verantwortlich dafür sind vor allem Unterschiede im Steuersystem, strukturelle Faktoren im Einzelhandel, Vorlieben von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Kosten in der Distribution.

Eine häufig ins Treffen geführte Ursache, die hohe Konzentration des Handels auf eine kleine Zahl von Unternehmen kann nicht allein dafür verantwortlich sein. In Schweden oder den Niederlanden ist die Konzentration im Handel ähnlich hoch, die Lebensmittelpreise sind aber niedriger. Es gibt andere Gründe für die besonders hohen Preise in Österreich: Eine vergleichsweise hohe Mehrwertsteuer ist ein wichtiger Grund. In Österreich betragen die Sätze 10%, in Deutschland 7% und in Italien 4%. Unsere Geschäfte sind oft kleiner als im Ausland und daher kostenintensiver und die Gebirgslage hat höhere Transportkosten zur Folge.

Eine Rolle spielt auch, wie der Preisvergleich durchgeführt wird. Verglichen wird nicht der Preis der Güter an sich, sondern der Preis der Ware, die am häufigsten gekauft wird. Die Konsumgewohnheiten sind daher auch wichtig. Ein Beispiel zeigt diesen Effekt sehr deutlich: Es gibt kaum ein Land in der EU mit so hohen Einkommen wie Österreich. Damit gehen hohe Ansprüche an die Qualität Hand in Hand. Es wird etwa nirgends so viel frische Biomilch nachgefragt wie in Österreich. In den meisten andern Ländern greifen die Verbraucher und Verbraucherinnen zu Haltbarmilch, die nicht gekühlt wird und nicht biologisch ist. Bei uns ist Milch im Regal nicht sonderlich teurer, die Konsumentinnen und Konsumenten greifen einfach häufiger zum frischeren, teureren Produkt aus biologischer Produktion obwohl das Regal mit der billigen Haltbarmilch nur ein paar Meter entfernt ist.

Zuletzt darf ein wichtiger Grund vergessen werden: Die Arbeitskosten im Handel sind in Österreich vergleichsweise hoch. Sie sind über 7% höher als in Deutschland und vier mal so hoch wie in Ungarn. Das schlägt sich natürlich auch in den Preisen nieder.

Quellen:

Sinabell, F., U. B. Morawetz und C. Holst 2014, Auslandskomponente des Lebensmittelmarktes in Österreich. WIFO Monographien, Jänner 2014, 103 Seiten. Online verfügbar unter: www.wifo.ac.at/publikationen

EUROSTAT, 2015, Comparative price levels of consumer goods and services. Online verfügbar unter: ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Comparative_price_levels_of_consumer_goods_and_services

EUROSTAT, 2015, Arbeitskosten, direkte Kosten und Direktvergütungen (ohne Auszubildende) - NACE Rev. 2 [lc_ncost_r2]. Online verfügbar unter: ec.europa.eu/eurostat

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