Experimentelle Auktionen Online

Ulrich Morawetz

Experimentelle Auktionen haben sich in den vergangen beiden Jahrzehnten zu einem Standardwerkzeug zur Messung der Zahlungsbereitschaft entwickelt (Lusk und Shogren, 2007). Besonders geeignet ist die Methode zur Bewertung von Prototypen die noch nicht auf den Markt gebracht wurden. Die CGIAR etwa verwendet experimentelle Auktionen um zu testen ob das von ihr entwickeltes Saatgut von der Bevölkerung in Entwicklungsländern akzeptiert wird (z.B. Bohnen mit höherem Eisengehalt (Oparinde et al., 2016) oder Mais mit mehr Vitamin A (De Groote et al., 2011)). In anderen Anwendungen wurde die Zahlungsbereitschaft für biologische Lebensmittel (Caglaj et al, 2016) oder für gentechnisch veränderte Lebensmittel gemessen (Lusk et al., 2004).

Das besondere bei experimentellen Auktionen ist, dass das zu bewertende Produkt tatsächlich verkauft wird. Dies hat den Vorteil, dass die Antworten der Befragten nicht nur hypothetisch sind (wie etwa bei der „Contingent Valuation Method“). Die experimentelle Auktion ist so organisiert, dass die Teilnehmenden einen Anreiz haben bei der Auktion ihre wahre Zahlungsbereitschaft zu bieten. Bei den meisten experimentellen Auktionen werden von den Teilnehmenden Gebote für mehrere Produkte abgefragt. Diese Produkte unterscheiden sich in jeweils nur einer Eigenschaft (z.B. biologisch und konventionell). Aus der Differenz der Gebote kann man dann auf die Zahlungsbereitschaft für die interessierende Eigenschaft (z.B. biologisch) schließen.

Nicht jede Auktion eignet sich um die Zahlungsbereitschaft der Teilnehmenden zu messen. Bei der Englischen Auktion etwa, bei der der oder die Höchstbietende gewinnt, gibt es einen Anreiz weniger zu bieten als die Wahre Zahlungsbereitschaft ist. Sie eignet sich deshalb nicht für experimentelle Auktionen. In den 1960er Jahren war die Forschung damit bemüht, Auktionsformen zu entwickeln die einen Anreiz bieten die wahre Zahlungsbereitschaft bekannt zu geben (z.B. Vickrey Auction (Vickrey, 1961), Becker-DeGroot-Marschak Mechanismus (Becker et al., 1964) ). Auf Basis dieser Mechanismen wurde in den vergangenen Jahrzehnten experimentiert, wie sich verschiedene Variationen und Umstände in der Durchführung auf die Zahlungsbereitschaft auswirken. Sollen die Teilnehmer für die Auktion mit Geld ausgestattet werden (Oparinde et al., 2016)? Wie wirkt sich der Hunger der Teilnehmenden auf die Gebot für Lebensmittel aus (Briz et al., 2015; de-Magistris and Gracia, 2017)? Kann man experimentelle Auktionen von Lebensmittel auch mit Verkostung organisieren (Oparinde et al., 2016)?

Sein paar Wochen gibt es eine neue Option experimentelle Auktionen durchzuführen: Anouar El Haji von der Universität Amsterdam hat sie im Zuge seines Doktorats die online Plattform „veylinx“ entwickelt. Sie ermöglicht Vickrey Auktionen online durchzuführen. Die GewinnerInnen zahlen mit Kreditkarte oder via PayPal. Das Produkt erhalten sie per Post oder in Form eines Gutscheins der in einem Geschäft oder auf einer anderen Webseite eingelöst werden kann.

Die Anwendungsgebiete für online experimentelle Auktionen müssen sich erst herausstellen. Für (frische) Lebensmittel oder nicht standardisierte Produkte (die man sehen, probieren oder kosten möchte) scheint sie weniger geeignet. Auch muss die Zielgruppe Zugang zum Internet und Kreditkart oder PayPal haben. Dies schränkt die Anwendungsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten in Entwicklungsländern ein. Aber alle Produkte die sich über EBay verkaufen lassen, lassen sich auch in einer online experimentellen Auktion verkaufen. Darüber hinaus könnte die online Plattform eine Möglichkeit sein, experimentelle Auktionen zu standardisieren und so eine bessere Vergleichbarkeit zwischen Studien herzustellen.

Der nächste wichtige Schritt in der Forschung zu experimentellen Auktionen ist meiner Meinung nach, wie sich aus den gesammelten Informationen Nachfragekurven erstellen lassen (für einen einfache Ansätze siehe z.B. Lusk und Schroeder (2006, Abb. 2-6) Lusk und Marette (2009, Abb. 1)  und Morawetz (2011, Abb. 2). Eine Schwierigkeit Nachfragekurven zu schätzen liegt darin, dass bei experimentellen Auktionen die Zahlungsbereitschaft bei einem einzigen „Einkauf“ gemessen wird. Für eine Nachfragekurve wäre es wichtig zu wissen, wie oft zu welchem Preis ein Produkt gekauft wird. Ist das Ziel einer experimentellen Auktion eine Nachfragekurve zu schätzen, ist es vielleicht notwendige die derzeit gängigen Mechanismen noch mal zu überarbeiten. Vielleicht bietet die online experimentelle Auktion Möglichkeiten experimentellen Auktionen wöchentlich mit immer gleichbleibenden TeilnehmerInnen durchzuführen? Mit den wöchentlichen Geboten könnte die Zahlungsbereitschaft über einen längeren Zeitraum gemessen werden. Auch der Einfluss von „Outside Options“ (Produkte die außerhalb der experimentellen Auktion gekauft werden können) könnte realistischer abgefragt. In Verbindung mit der Haushaltstheorie eröffnen sich so eine Vielzahl an Forschungsmöglichkeiten.

Ich bin gespannt!

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