Agrargüter: Bei Export-Beschränkungen droht enormer Schaden

Franz Sinabell

 

Rumänien hat am 10. April 2020 angekündigt, den Export von Getreide, Ölfrüchten und Backwaren einzuschränken, um das Angebot im Inland sicherzustellen (Paun und Gehrke, 2020). Die Corona-Krise ist nicht die erste, durch die binnen kurzer Zeit viele Menschen schwer betroffen sind. Falsches Krisenmanagement kann die unmittelbaren Auswirkungen verschärfen und die Folgewirkungen verstärken, wie Beispiele zeigen. In den Jahren 1972-74 und 2006-08 gab es Versorgungsengpässe mit Nahrungsmitteln auf dem Weltmarkt. Diese vergangenen Versorgungsengpässe wurden durch unilaterale Handelsbeschränkungen stark verschärft. Daraus hat man bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise 2009 die Lehre gezogen. Übermäßig protektionistische Maßnahmen wurden weitgehend verhindert. Der Warenhandel wurde daher kaum eingeschränkt und somit konnte sich die Wirtschaft rascher erholen. Zur Bewältigung der Corona-Krise sollte man sich auf diese Erfahrungen besinnen.

 

Rumänien zählt mittlerweile zu den wichtigsten Produzenten von Getreide, Öl- und Eiweißfrüchten in der EU. Im Jahr 2010 waren der Anteil der Getreide- und Handelsgewächsproduktion an der EU 5,7% bzw. 4,1% gewesen, 2019 waren die Anteile bereits auf 9,1% bzw 8% gestiegen (EUROSTAT). Österreich importierte 2019 Agrargüter im Wert von 219 Mio. Euro, davon knapp 31 Mio. Euro von Gütern, die nun von den Maßnahmen betroffen sind (STAT, WIFO-Daten-System, 2020). Zwar ist der Handel innerhalb der EU weiterhin möglich, allerdings sind Belege über die Verwendung erforderlich, somit Auflagen, die den freien Warenverkehr behindern.

Einzelne Länder können Handelsschranken nutzen, um kurzfristig die Versorgung mit wichtigen Gütern im Inland zu verbessern oder um die Volatilität der Inlandspreise im Verhältnis zu den Weltpreisen zu verringern. Wenn dies von Ländern gemacht wird, die einen großen Anteil am Markt haben, hat dies stärker schwankende Preise am Weltmarkt zur Folge und verringert als Folge die Versorgungssicherheit in anderen Ländern.

Untersuchungen solcher Situationen am Beispiel von international gehandeltem Weizen und Reis zeigen die daraus resultierenden Probleme. In den Perioden 1972-74 und 2006-08 kam es auf den internationalen Märkten zu einem starken Preisanstieg, ausgelöst durch knappes Angebot. Analysen legen nahe, dass 45 Prozent des Anstiegs der Preise von Reis in den Jahren 2006-2008 und 30 Prozent des Anstiegs der Weizenpreise auf das Isolationsverhalten einzelner Staaten zurückzuführen waren. Der Preisanstieg auf dem Weizenmarkt war deshalb viel geringer, weil wichtige Erzeugerländer sich seit dem GATT-Uruguay-Abkommen verpflichtet hatten, auf bestimmte Handelsbeschränkungen zu verzichten. Unter den Reis-produzierenden Ländern sind nicht alle diese Verpflichtung eingegangen. Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung sind gemäß dem Abkommen zur Landwirtschaft zulässig, wenn sie gewisse Voraussetzungen erfüllen. Das Verbot von Exporten zählt nicht dazu.

Die Lehre aus diesen Erfahrungen ist, dass Preise von Gütern ein wichtiges Signal sind und steigende Preise ein Maß für die Knappheit sind. Dies motiviert Unternehmen in die Produktion zu investieren und somit wird das Angebot ausgeweitet. Handelsbeschränkungen lebenswichtiger Güter stören diesen Mechanismus und verschärfen Krisen., Auch wenn Vorleistungen betroffen sind, kann dies schwerwiegenden Folgewirkungen auslösen. In weiterer Folge könnten nämlich die Handelspartner mit der Sanktionierung des unilateralen schädlichen Verhaltens reagieren. Kurzfristige Vorteile werden mit langfristigen Nachteilen erkauft.

Nicht nur Agrargütern und Lebensmittel sind von Exportbeschränkungen oder gar Verboten betroffen, sondern viele andere Güter, die zur Bewältigung der aktuellen Pandemie nötig sind. Wolfmayr (2020) stellte fest, dass Exportbeschränkungen sich am Ende als schlechte Lösung entpuppen können. Die Gefahr liegt in den unbeabsichtigten Effekten solcher Aktionen, die zu einem insgesamt schlechteren Ergebnis für alle Akteure führen.

 

Rückfragen an: Franz Sinabell, www.wifo.ac.at/franz_sinabell

 

Quellenhinweise:

EUROSTAT, 2020, Landwirtschaftliche Gesamtrechnung - Werte zu jeweiligen Preisen (aact_eaa01). Online verfügbar unter: https://ec.europa.eu/eurostat/de/ data/database?node_code=aact_eaa06 (abgerufen am 10. April 2020).

Häberli, Ch., 2014, After Bali: WTO Rules Applying to Public Food Reserve. Research manuscript prepared for the Expert meeting on reserves/stocks and specifically their potential role in market/price stabilization, 30–31 January 2014, FAO Rome.

Paun, C. und L. Gehrke, 2020, Romania bans exports of cereals amid virus crisis. Politico.eu, Ausgabe vom 10. April 2020. Online verfügbar unter: https://www.politico.eu/article/romania-bans-exports-of-cereals-amid-virus-crisis-coronavirus/ (abgerufen am 10. April 2020).

STAT (Statistik Austria) und WIFO-Daten-System, https://www.wifo.ac.at/daten/wds__wifo-daten-system (abgerufen am 10. April 2020).

Will und Anderson, 2011, Export Restrictions and Price Insulation during Commodity Price Booms. World Bank Policy Research Paper 5645, World Bank, Washington D.C.

Wolfmayr, Y, 2020, Coronavirus-Pandemie: WIFO-Ökonomin Yvonne Wolfmayr zur Frage, ob Exportbeschränkungen ein sinnvolles Mittel sind. Online verfügbar unter: https://www.wifo.ac.at/news/versorgungsengpaesse_bei_medizinischer_schutzausruestung (abgerufen am 10. April 2020).

 

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