Volkswirtschaftslehre als Nebenfach - was kann, was sollte sie heute vermitteln?

Martin Kniepert

Gerade Ökonom*innen selbst sprechen von Ihrem Fach oft als a dismal science; als von einer bedrückenden, düsteren, keineswegs einer optimistischen Wissenschaft. Ganz programmatisch am marktliberalen Ausgleich von Interessen als Schlüssel zur Lösung ökonomischer Probleme festzuhalten, dürfte damit für viele von ihnen mehr von Hoffnung als von Zuversicht oder gar von real begründeter Erkenntnis geleitet sein. Viel zu speziell sind die gesellschaftlichen Voraussetzungen hierfür, viel zu fragwürdig ist die Vorstellung einer unbeschwerten Machbarkeit, als dass man sich einfach nur dem Lauf der Geschichte anvertrauen könnte, um die verfestigten ökonomischen Gewissheiten letztlich doch verwirklicht sehen zu dürfen. Nur für einen kurzen Moment schien manchen dieses Ziel bereits erreicht zu sein. Für diejenigen, die über Partialprobleme hinausschauen und wenigstens einer gewissen Verunsicherung zugänglich sind, ist die Ratlosigkeit größer denn je.

 

Die Wirtschaftspolitik fordert derweil weiterhin die je nach Lager gewohnte argumentative Unterstützung ein, so wie unverändert die üblichen Erwartungen (Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und dergl.) an die Universitäten herangetragen werden. Genauso unverändert beanspruchen alternative Ansätze Aufmerksamkeit, mal mit Beharrlichkeit, mal nach Art von pop-up-shops.  Dabei stellt sich die Frage, ob die universitäre Lehre in diesem Bereich überhaupt noch ernst genommen wird. Nicht nur studentische Gruppen (in Österreich u.a. vertreten durch Gesellschaft für Plurale Ökonomik  [web]), sondern auch The Economist, das seit jeher führende Wochenmagazin liberaler Wirtschaftspolitik, hadert offen mit der herrschenden Lehre, wenn in den vergangenen Wochen eine Serie von Beiträgen die Mängel des Fachs hervorhebt und recht erbarmungslos feststellt: „They [die Ökonom*innen] have not earned the right to confidence.“ [web]

 

Im Sinne der Diskussion wird durch die unten genannte Arbeit vorgeschlagen, die derzeit unterrichtete Ökonomik – eine reine Preistheorie – um die Rolle von Institutionen und damit zumindest um einen Teil ihres gesellschaftlichen Rahmens zu erweitern. Den Dringlichkeiten der realen Welt entsprechend sollen damit auch Governance-Strukturen öffentlicher Güter vorrangig eingeführt werden, nicht wie sonst üblich als Plan B bzw. erst als Folgeproblem etwaigen Marktversagens. Insbesondere für die Einführung in die Ökonomik als Nebenfach bedeutet dies, den Gegenstand nicht etwa völlig neu oder anders, wohl aber von der entgegengesetzten Seite her und mit einem erweiterten Blickwinkel aufzurollen.   

 

Kniepert, M. (2017): Bringing Institutions into Economics when Teaching Economics as a Minor Subject. Working Papers 702017, Institute for Sustainable Economic Development, Department of Economics and Social Sciences, University of Natural Resources and Life Sciences, Vienna. [web]

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