„Nun sag, wie hältst du’s mit dem Klimawandel?“

GastautorIn

AutorInnen: Magdalena Stöttinger, Manuela Larcher, Hermine Mitter, Martin Schönhart, und Erwin Schmid. Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung der BOKU, Wien.

Meinungen von LandwirtInnen sind gefragt

Eine Studie der BOKU Wien zeigt, dass eine erfolgreiche Klimapolitik nicht nur regionale und betriebliche Gegebenheiten, sondern auch unterschiedliche Ansichten von LandwirtInnen berücksichtigen muss.

Der Umgang mit den Auswirkungen des Klimawandels zählt zu den größten Herausforderungen der Menschheit. Um Anpassungen der österreichischen Landwirtschaft zu unterstützen, wird das Thema am Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (BOKU Wien) seit Jahren beforscht. In einer aktuellen Studie wurden persönliche Interviews mit Bäuerinnen und Bauern im Mostviertel und der südöstlichen Steiermark geführt. Ziel war es, mehr über deren persönliche Wahrnehmungen von regionalen klimatischen Veränderungen, betrieblichen Auswirkungen und über Anpassungspläne zu erfahren. Da Wahrnehmungen das Handeln von Menschen stark beeinflussen, können die Studienergebnisse dabei helfen, die persönlichen Beweggründe von Bäuerinnen und Bauern für und gegen Klimawandelanpassung besser zu verstehen. Dies kann wiederum bei der Weiterentwicklung politischer Maßnahmen helfen.

Welche klimatischen Veränderungen werden wahrgenommen?

Veränderungen, die von den befragten Bäuerinnen und Bauern in beiden Untersuchungsregionen beobachtet werden, sind ansteigende Temperaturen, zunehmende Wetterextreme wie Hagel oder Starkniederschläge, längere Regen- und Trockenperioden, abrupte Wechsel von Warm- und Kaltperioden, das Verschwinden der Übergangsjahreszeiten sowie zunehmend unterschiedliche Bedingungen zwischen aufeinanderfolgenden Jahren. Verschiedene Ansichten herrschen darüber, ob die beobachteten Veränderungen mit dem Klimawandel zusammenhängen bzw. ob es einen von Menschen beeinflussten Klimawandel überhaupt gibt.

Welche Auswirkungen von klimatischen Veränderungen werden beobachtet?

Negative Auswirkungen von klimatischen Veränderungen erleben die befragten Bäuerinnen und Bauern bereits in Form von Erosions- und Trockenschäden der Böden, Qualitäts-, Ernte- und Einkommensverluste sowie zusätzlichen Kosten bei der Arbeitserledigung. Zudem werden Hitzewellen und Temperaturschwankungen als körperliche Belastungen empfunden. Steigende Temperaturen werden hingegen mitunter als positiv bewertet, da wärmere Bedingungen zu Ertrags- und Qualitätserhöhungen sowie längeren Weidezeiten führen können. Auch wird die Chance gesehen, neue Sorten und Kulturpflanzen anzubauen.

Was wird momentan getan?

Viele Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, wie zum Beispiel Humusaufbau oder Änderungen in der Fruchtfolge, werden bereits erfolgreich umgesetzt. Dabei ist der Klimawandel meistens nicht die eigentliche Triebfeder, sondern eine umweltbewusste Einstellung der Bäuerinnen und Bauern oder der Wunsch nach Bodengesundheit. Die Befragten meinten mehrheitlich, dass der Klimawandel kaum Einfluss auf ihre Betriebsentscheidungen nimmt. Derzeitige Marktbedingungen haben ein größeres Gewicht. Dass hingegen manche dem Klimawandel einen sehr hohen Stellenwert einräumen und bereits bemüht sind, ihre Betriebe „klimafit“ zu machen – etwa durch Lagerkapazitätsvergrößerung oder maschinelle Aufrüstung – zeigt, wie unterschiedlich dieses Thema von den Befragten gewichtet wird.

Was beeinflusst Anpassungspläne?

Jene Bäuerinnen und Bauern, die Klimaanpassungspläne für die Zukunft schmieden, sind von der Notwendigkeit der Anpassung überzeugt und erwarten weitere klimatische Veränderungen und betriebliche Auswirkungen. Auch fassen diejenigen, die in der Vergangenheit bereits schwere Schäden erleben mussten, häufiger konkrete Anpassungsmaßnahmen ins Auge. Für die Motivation zur Anpassung ist es wichtig, dass sich die Bäuerinnen und Bauern über verschiedene Maßnahmen gut informiert fühlen und deren Wirtschaftlichkeit einschätzen können. Ein hohes Maß an Selbstverantwortung und die Erwartung möglicher Chancen des Klimawandels motivieren ebenso zur Anpassung. Jene Befragten ohne Anpassungsintentionen schätzen ihre Betriebe entweder als bereits gut angepasst und widerstandsfähig ein, erwarten keine negativen Auswirkungen, bezweifeln den Klimawandel oder sehen keine rentablen Möglichkeiten zur Anpassung.

Was lernen wir noch aus der Studie?

Die Ausgestaltung politischer Maßnahmen soll berücksichtigen, dass nicht nur jede Region und jeder Betrieb spezifische Charakteristika aufweist, sondern auch jede Bäuerin und jeder Bauer persönliche Ansichten und Motivationen hat, die das Verhalten entsprechend beeinflussen. Eine erfolgreiche Anpassung des Agrarsektors hängt somit davon ab, ob Bäuerinnen und Bauern die Anpassung ihres Betriebs überhaupt wollen und ob die Umsetzung von Maßnahmen wirtschaftlich ist. Planungssicherheit und finanzielle Unterstützung sind notwendige Voraussetzungen, allerdings werden wohl die ambitioniertesten Maßnahmen der Politik fruchtlos bleiben, wenn nicht gleichzeitig daran gearbeitet wird, Bäuerinnen und Bauern von der Wichtigkeit der Anpassung an den Klimawandel zu überzeugen, sie über rentable Anpassungsmaßnahmen zu informieren und zu vorausschauendem Handeln zu motivieren.

Mehr zum Thema:

Die Forschungsschwerpunkte an der BOKU Wien im Bereich der landwirtschaftlichen Anpassung an den Klimawandel sind breit gefächert. Weitere Befragungen zum Anpassungspotential des Mostviertels und der südöstlichen Steiermark wurden etwa im Forschungsprojekt PATCH:ES mit Expertinnen und Experten aus dem Agrarsektor durchgeführt. Sollten Sie an weiteren Forschungsergebnissen oder generell an der Thematik interessiert sein, bitten wir um Kontaktaufnahme. Weiters empfehlen wir den Besuch der Internetseite des Climate Change Centre Austria.

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